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  • März 23, 2022

    220323

    II

    Das ist wie mit den Zugvögeln. Ein Hin und Her, lieber warm, manchmal ahnen die Leute, wenn du wieder zurückkommst, kündigst dich laut an, in der Nacht die Gänse, wie du. Sie erzählen nichts über dich, haben dich vielleicht in der Luft gesehen. Von oben, durch eines der wie Augen in die Himmel starrenden Fenster, von der Seite, vorbeirauschend der Zug.
    Lernen, dass alles einen Takt hat, nur den fürs eigene Leben gilt es selbst zu finden, zu bespielen, zu begründen. Wie die Wellen am Strand, immer wieder, zuverlässig wie die Jahreszeiten, mittlerweile mehr oder weniger ausgeprägt. Da ist kein Packeis mehr unter den Füßen. Der Fünf-Minutentakt der U-Bahn, Haltestellen, Linien, Strukturen, andere Orte mit Namen, die du lernst auszusprechen. Ein neuerliches Überrascht-Sein, auch hier ein Zurückkehren, mit weniger Begründung. Welche Worte solltest du auch finden können dafür.

    Aber dann gibt es für alles einen Ort. Einen, wo die Dinge hingehören, die Decken und Erinnerungen und die Straßen zu eben diesen. Es wird sie wieder geben, wenn nicht gar am gleichen, nicht demselben Ort.
    Der beinahe unerträgliche Schmerz, wenn der Fingernagel zu schnell von Haut befreit wird, ein Hineinschieben in den Nagelfalz, damit man den Mond sehen kann, zumindest sagte das deine Großmutter immer, wenn sie mit ihren viel zu spitzen Nägeln die Welt gen Handgelenk zu schieben schien.
    Was hast du dich immer gefragt, wie viel Hände erzählen würden, wenn sie es könnten. Du weißt schon, Object Permanence und das Vergessen. Ein Körper, an einem Ort, vor einem vielleicht, irgendwann wieder.

    Das Erleben eines Ausschnittes einer Perspektive. Einer, die unzählige Andere ebenso gesehen haben müssen. Vorhang, Struktur, Abstraktion, Intellektualisieren, jedes Mal von vorn. Entscheiden, später Orkan zu sein, jetzt lediglich sein Auge. Die Waldränder werden zur Genüge vor sich hin stehen, Zeugen sein, still. Doch was haben wir alle nur gesehen, wenn niemand da war um zuzusehen.

    Selbstverständlichkeiten und Trauma, sie gehen Hand in Hand. Auf diese Worte wartet niemand. Noch nicht einmal du.

    Still stehen, ruhen. Dann blickst du mit Pupillen, die noch nie so sehr sehen mussten, voran. Selektives Sehen, das sich niemand leisten darf.

    Metronomy x spill tab – Uneasy / Metronomy – Right on Time

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    2022, Corona, du

  • Januar 24, 2022

    220124

    I

    Das darf alles nicht nur als Bild vor einem geistigen Auge bleiben, das muss raus, aufs Papier, mindestens eben an einen Ort, der dem Bild gerecht wird. Einem, der nicht nur einem riesigen Teig an Ideen gleichkommt, in dem nicht mehr unterschieden werden kann, wo die eine Idee beginnt oder aufhört. Nein, ein Ort muss es sein, an dem die einzelnen Töne auseinander zu halten sind.

    Die meisten deiner Jahre hast du damit verbracht dich zu sehnen. Mal leidenschaftlich, mal ruhig, mal traurig, mal relativ gefühllos. Nach dem Licht da am Ende der Straße, kurz vor den Schottersteinen, bevor sich der Weg entlang der Bäume wie ein Nackenkissen um die offene riesige Wiese legt, Geburtsstadt im Rücken. Nach dem Blick aus dem Fenster des ersten Gymnasiums, der ein wenig Weite versprach, inmitten von Plattenbauten, die Türme blau und trotz der Anzahl ihrer Einwohner merkwürdig leer bis einsam. Sich an Orten befinden, an denen man letztlich nicht ist, sich dessen bewusst sein.
    Andere Straßen, andere Plätze, andere Menschen, gelegentlich schildern sie ein vergleichbares Gefühl. Inmitten voller Städte die Anderen vor lauter zugewandter rennender Rücken nur dann sehen, wenn man stehenbleibt. Kurz, tief einatmen, die nächste S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn, der nächste Bus, all das in kurzer Zeit, zwei, fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Minuten. Ein nicht enden wollender Strom an Richtungen, selten ein Hakenschlagen. Das ist nicht so wie in Filmen, unabhängig davon, wie sehr einzelne Szenen in deinen Gedanken bereits, gelegentlich wiederholt, aufgetaucht sind. Es ist egal und dann doch wieder nicht.

    Einige Orte, nach denen es sich zu sehnen lohnt, dehnen sich in deinem Empfinden aus, andere ziehen sich zusammen. Ebbe und Flut. Da werden wenige Wochen wichtiger als Jahre, dir wohlbekannte Orte auf einmal kleiner als sie es je sein konnten. Ein normales Leben in einem großen Leben, umgeben von einem noch viel größeren. Matrjoshka, du kennst es nicht anders. Fein bemalt und doch abgegriffen. Die, die neben überdimensionierten Murmeln aus Marmor bei deiner Großmutter ihren Platz fanden, auf weißen Spitzendeckchen auf Beistelltischen, an deren überraschende Kühle du immer wieder denken musst.

    DYVN – Reset / Shout Out Louds – Sky and I (Himlen)

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    2022, Corona, du

  • Dezember 3, 2021

    211203

    46

    Im Winter nach Hause kommen und das Wasser im Topf von vor ein paar Stunden ist noch warm. Sturm, einer der ersten, Lametta, das an großen schweren Lampenschirmen hängt und verweht. Menschen, die auf Bildschirme starren, Licht, das im Augenwinkel als warm durchgehen könnte, beim zweiten Blick aber kalt auf die Straße fällt. Menschen, die vor bodentiefen Glasfassaden stehen bleiben, als könnten sie das Leben nicht fassen. Nachtschwärmer mitten am Nachmittag, fast wie bei Edward Hopper.
    Die Häuserzeile an der Kreuzung, eine von ihnen. Ein Rahmen aus Kopfsteinpflaster, über das die Fahrradklingeln der Lenker fremder Menschen tanzen. Du sitzt insgeheim noch immer dort, unter einem der Kastanienbäume und wartest geduldig. Siehst der Nacht dabei zu, wie sie gen Westen fällt.

    Was warst du herrlich am schäumen sonst, wie hättest du dich treiben lassen durch die Welt, irgendwo hingetragen von Aluminiumröhren in verschiedensten Ausfertigungen. Wind und Gischt im Gesicht, alte Orte, nicht wiedererkannt, dafür neu gesehen. Wie du den Blick nicht abwenden kannst, abwenden willst. 
    Je westlicher, je mehr Charlottenburg, desto höher die Zigarillodichte, desto mehr versuchen Männer sie auf Lunge zu rauchen. Da sind die großen Fenster, die, die verstärkt von feinen Stahlstreben um die Ecken gehen, du siehst wie in einem vorbeirauschenden Film Menschen in ihren Berufen. Da pflegen sie, da bleiben sie, da schauen auch sie auf den Fluss an Autos, der vor ihren Häusern ihre Wahrnehmung durchstreift. Seltsam einsam stehen sie auf unterschiedlichen Etagen an fast der gleichen Stelle, allein. Schneisen, mehrspurig in die Ortschaft geschlagen, innen wie außen.

    Ein Rauschen zu Beginn, Schienen, die zu abstrakten Figuren verschwimmen. Dann Felder und die Weite, die sich vor dir eröffnet, als wäre alles andere nur das Gegenteil einer offen klaffenden Landschaft. Auf der hastig im Halbschlaf beschriebenen Seite eines deiner Skizzenbücher shiny 80’s shit. Darunter, verwischt, the summer that wasn’t, ergänzt durch an all encompassing perspective.

    Die Dinge untersuchen, wie sie sind. Sie für gegeben nehmen, wie sie sind. Die Fragen, die über die letzten Monate geblieben sind, annehmen, als das, was sie sind: offen. Vielleicht finden sich Antworten, wenn die Zeit es will.

    Edward Sikorski – Exit

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    2021, Corona, du

  • Dezember 1, 2021

    211201

    45

    Aber sag, kommst du irgendwann wieder?

    Men I Trust – Say, Can You Hear

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    2021, du

  • November 10, 2021

    211110

    44

    Der Herbst ist eine gedrungene, vor sich hin meckernde Amsel. Blaue Stunde, du erinnerst gelegentlich, dass nicht alle darin schwimmen oder wissen, was das bedeutet. Was, wenn sich noch nicht mal unsere Schatten berühren können? Aber dann redest du mit dem Kopf und achtest nicht auf den herumpolternden Muskel in dir; vielleicht war es sowieso zu spät, das Jahr ist beinahe vorbei.

    Irgendetwas hast du scheinbar ruiniert, und sei es nur ein Weiter.

    Da wäre die aufgeräumte Stadt, die bei näherem Betrachten übersehene unschöne Ecken hat – ähnlich wie die durchaus auffälligen dunkler gefärbten Eckzähne sonst sehr weißer Zahnreihen. Das ist wie mit denen, die durch die Straßen brüllen als wären sie Marktschreier, suchen sie dabei jedoch nur eine Unterkunft und wissen nicht wohin. Sie zirkeln in der rapide angestiegenen Dichte an neueröffneten Supermärkten und sitzen schließlich doch auf den unbequemen Bänken im U-Bahnhof.

    Ein Herauslösen aus der Zeit ist nicht wirklich möglich, weder für dich noch für irgendeine andere Person.

    Der Herbst ist ein Mann, der sich Laubmatsch mit Hundekot sorgfältig am Bordstein zur Hauptstraße von den Lederslippern schabt.

    Parcels – Somethinggreater

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    2021, Corona, du

  • November 2, 2021

    211102

    43

    Berlin, das unterstellte Grau, eventuell meint man eher den betongrauen Himmel, wobei, das kann auch schlichtweg eine Beleidigung Beton gegenüber sein. Dabei gibt es an jeder Ecke Farben. Seien es die teilweise altertümlich anmutend lackierten Haustüren. Es finden sich hellgrau, hellblau, dunkelgraublau, knallgrün, ochsenblutrot umrahmt von Putz, der in den meisten Fällen schon längst etwas Aufmerksamkeit verdient hätte. Oft starren die Augen aber nur in die düster wirkende Leere hinter großen schweren Glastüren und Glasfassaden. Du spiegelst dich vielleicht darin, aber es bleibt oft nicht mehr als das, schließlich geht das Licht im Hausflur von Wohnhäusern, deren Miete sich wohl nicht viele leisten können, schnell aus.

    Möglicherweise ist es das innere Grau, das mit der Stadt verwechselt wird, wenn Fremde zunehmend ihre Probleme offen nach außen spielen. Schreien, grundlos pöbeln. Vielleicht ist es diese unfassbare Schere zwischen Elend und Hilflosigkeit, welche man auf den Straßen sehen kann, und den spektakulären Sonnenuntergängen, mit Tönen in pink und orange, die kein Sommer kennt.

    Es liegt hier ein Ast und dort ein Stück Taube, im Fenster ein paar Meter weiter hängt ein Saxophon. Am Ende warst du einfach traurig.

    Twin Peaks – Blue Coupe

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    2021, Corona, du

  • Oktober 20, 2021

    211021

    42

    In Wohnungen die Bücherregale, als würde es nie wieder einen Auszug geben. Dielen, krumm und schief, kannst du dir da nicht leisten. Eine Bibliothek also, bestenfalls mit Leiter. Dabei sackt doch schon der Boden ein bisschen ab weil dein Bett im Raum steht.
    Und es wackelt und wackelt und wackelt beim Wühlen der Maschinen und beim Graben der Tiefgaragen und dem Gesang der Rüttelplatten. Dein Herz märkischer Boden, ein wenig sumpfig, aber so, dass dort noch viel mehr drauf wachsen kann als auf normalem Grund.

    Die Augen erneut öffnen, wie es manche vor einem machen konnten. Etwas erfahren, das jahrhundertelang erfahren werden konnte, aber ohne den Kontext der Zeit. Menschen und deren Rücken, keine Abkehr, ein Hinsehen viel mehr. Licht, das durch Fenster fällt und Räume erst zu diesen macht. Versatzstücke. Von diesen hast du viel gelesen, manchmal gesehen. Die in dir drin und die in den Dingen um dich herum.

    Parcels – Comingback

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    2021, Corona, du

  • Oktober 15, 2021

    211015

    41

    Wie scheinbar kaum ein Ort dich so wirklich vorbereitet auf das, was kommen kann. Kaum einer. Wie möglicherweise daher das Gefühl kommt, dass du das, was du tust, nicht so wirklich kannst. Oder du den Erwartungen, denen du dich ausgesetzt siehst, nie ganz gerecht wirst. Denkst du. Wie es zumindest keine Institution kann.

    Wie du immer weiter immer wieder weiter lernst, wie es das braucht, wie es das Leben sowieso so will. Wie du immer wieder zurückkehrst zu den Gedanken, die du dir während deiner Ausbildung, deines Studiums immer wieder in deinen Kopf gelassen hast. Kann ich? Darf ich? Werde ich? Wirst du. Du wirst Tage leben, an denen es sich so anfühlt, als wäre deine Stimme nie deine eigene gewesen. Als wäre das nur eine Art Scharade gewesen, als könnte sie nie deine sein oder werden. Diese Tage werden im Vergleich zu all deiner Zeit selten sein. Erinnere dich daran, wenn die Fragezeichen versuchen deine Finger hochzuklettern.

    Aber dann: du sagst gelegentlich und meinst die ganze Zeit. Und doch meinst du etwas Anderes als deine Fragezeichen.

    Pudeldame – Sécurité // Yin Yin – One Inch Punch

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    2021, Corona, du

  • Oktober 13, 2021

    211013

    40

    Du liest dich durch erzählte Geschichte, ein paar Worte könntest du unterstreichen: gelegentlich je Zeile, manchmal je Seite. Als hätten Menschen Zeit gehabt sich mit sich selbst zu konfrontieren, wenn es ums Nach-Vorne-Sehen ging, dabei gab es immer mehr, das es sich gelohnt hätte zu betrachten.
    Eventuell ist das ähnlich innerer Bergabgänge, da ist ein wenig Erdrutsch, der sich verselbständigt, mit immer mehr Geschwindigkeit nach unten schießt und als Lawine im zerbrechlichsten wüten kann. Wie soll es sonst auch sein.
    Berlin im Herbst, generell, deine Städte im Herbst, wie die einen maulen über das Grau, das an jedem Ort absolut hässlich sein kann. Liegt es daran, ob man eine Stadt als selbstredend anerkennt oder weist man ihr Eigenschaften zu, um für sich sagen zu können, dass man immer gehen kann? Gehen können. Eher gehen wollen.

    Ein paar Wege kannst du nachzeichnen in den Büchern, die du momentan liest. Kannst aus anonymisierten Berichten Schreibender erkennen, wo genau sie leben. Der Drang zu schreiben also, diese für manche unverständliche Tätigkeit. Belvedere, abgestanden. Du lachst ein wenig. Ein Text, den so gut wie niemand je zu Gesicht bekam. Einer, den du geschrieben hast, ohne je irgendein Belvedere zu kennen. Ein Text, der so alt ist, dass du dich nur noch an die beinahe unerträgliche Dichte eines beschriebenen Schweigens zweier Personen erinnern kannst. Das Schweigen ist immer am lautesten, Stille für die einen die einfachere Reaktion, hier und da zählst du dich zu diesen einen. Für die anderen nicht auszuhalten, wie ein frischer Mückenstich auf feiner, dünner Haut, unter der Kniekehle, am inneren Oberarm.
    Dichtes und überhöhtes Erzählen, um fühlbar zu machen, wie schwer gleichzeitige An- und Abwesenheit wiegen kann. Aber du bist immer nicht da gewesen. Aber du hättest doch immer gehen können, du hättest dich nur so wirklich, so richtig, so nachhaltig dafür entscheiden können. Du hättest das, dein, diese Pflaster kurz und schnell, wenn auch schmerzhaft, abziehen können. Jedoch ziehst du noch immer, ziehst seit Monaten, möglicherweise sogar seit Jahren. Hättest du dich dann nicht auch dafür entscheiden müssen, dass es ein Stattdessen als Ausblick hätte geben müssen? Gut, nimm dich ein wenig zurück, zu kryptisch willst du nicht sein.

    Ja, du merkst schon wieder, wie die Themen zu dir finden. Oft sind es die gleichen, die dich seit Jahren, Jahrzehnten fast, heimsuchen. Nur deine Art sie mitzuteilen ändern sich. Auch da gibt es Unterscheidungen, wie mit ihnen zu verfahren wäre. Schließt du dich denen an, die weitermachen, weiterarbeiten, feiner herausarbeiten, ums Thema Kreise ziehen, die modellieren, oder bist du bei denen, die aufhören, abschließen, Endpunkte sehen, die an die Wand werfen, was sich überholt hat?
    Wie auch immer du dir die Fragen stellst, wie sehr du in dein persönliches Solo gehst, wie sehr du vergisst, worüber du gerade vor anderen Menschen gesprochen hast: irgendetwas findet sich im Lauf der Dinge immer wieder. Was das bedeutet, bedeuten kann, weißt nur du.
    Was ist das letzte, das du begonnen, das letzte mit dem du aufgehört hast? Und würdest du dich erneut so entscheiden?

    BADBADNOTGOOD – Love Proceeding (feat. Arthur Verocai)

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    2021, Corona, du

  • Oktober 7, 2021

    211007

    39

    M fragt dich, ob du das reflektierend rausschreiben könntest. Nein, sagst du, schließlich schreibst du in solchen Fällen eher in die Kerbe hinein. Ziehen in Kreisen, du kannst noch nicht mal gemein über eine andere Person schreiben, so wirklich will dir das nicht über die Fingerspitzen.
    Irgendetwas ist gekippt, so fühlt es sich an. Eine Art Selbsterkenntnis, ein Auf Wiedersehen, ein neues Selbstverständnis. Gewisse Dinge lösen sich ab, das ist so wie bei alten Stickern, die seit Jahren auf Oberflächen kleben, die es erst abzupulen gilt um dann frustriert festzustellen, dass da manches bleiben wird. Um die nun freigewordene Fläche hat die Zeit genagt, wobei, meist eher das Licht und der Gilb und die, die um sie herum gewohnt haben.

    Die Schuhe sind zu groß für den relativ feinen Fuß, einen, der einen sehr feinen Knöchel unter dem viel zu weiten Hosensaum erahnen lässt. Immer wieder steht die Ferse viel zu hoch, du kannst beim Gehen auf dem Bahnsteig nicht aufhören auf den Menschen vor dir zu sehen. Überhaupt, der Tunnel unter den Straßen über die die LKW donnern, mal mit Absicht, mal aus der Not heraus; du erwartest, dass bei all dem neuen zusätzlichen Gewicht der neuen Häuser doch irgendetwas anfangen müsste zu wackeln.
    Wie der Belag auf der Kreuzung auf halber Länge deiner Straße absackt, immer und immer wieder, wie es die Platten der Gehwege ebenfalls tun. Dann stolpert ein Jemand, meist irgendjemand über die Kanten, nur damit die Platte neu verlegt wird, Sand inklusive, dann kriecht der Regen ebenso hinein wie der Winter und einige Zeit später sackt die gleiche Platte wieder ab, reißt die eine oder andere mit sich und das Spiel beginnt von vorn.

    Die Stadt, nein, die Erde, arbeitet also unter allem, mit dem, dem sie ausgesetzt, ausgeliefert ist, bebt gelegentlich vor sich hin. Das kannst du auf verschiedensten Erdbebenwebsites lesen, teilweise kurz nach dem Beben. Ein sich durch Zeit und Raum schieben also, du denkst daran, wie sich der Mittelatlantische Rücken weitet, denkst an deine bei Katzenbuckel hervorstehenden Wirbelfortsätze und Island.
    Zu denken, dass irgendetwas so wirklich, so richtig still stehen bleibt, als Wunsch einzelner, der nie erfüllt werden kann. Zu denken, dass es gut ist, nicht still stehen bleiben zu können. Du weißt schon. Das keine Wurzeln schlagen können, das nicht festhalten können. Die Befürchtung sich nicht mehr richtig oder adäquat erinnern zu können. Ist es das? Möglicherweise. Oder aber es ist das Verwachsen einzelner Erinnerungen, das diese nicht unbedingt verfälscht.

    Sam Fender – Get You Down

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